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Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet Eckhard Henscheid,  den wir als messerscharfen Kulturkritiker kennen, hat Trostreiches im oft gescholtenen Darmstadt entdeckt. Er findet es nämlich ganz unglaublich, dass eine Gleisbezeichnung im Hauptbahnhof der südhessischen Metropole ganz schlicht und altfränkisch-einfach „„7 und 8" lautet und nicht etwa „„7––8", „„7/8" oder „„7 and 8". Doch dieses Lob ist die große Ausnahme in Henscheids und Oliver Maria Schmitts Buch „„Erotik pur mit Flirt-Faktor", das meist ursprünglich für Zeitungen geschriebene Glossen zu dem enthält, was gelegentlich als geistige Umweltverschmutzung bezeichnet wird.

Diesbezüglich hat sich in letzter Zeit wieder einiges angesammelt, wie derjenige weiß, der nicht nur die Feuilletons liest, sondern auch regelmäßig einen Blick ins Fernsehen und in die „„Bild"-Zeitung wirft. Ob sprachliche Entgleisungen wie „„Leidkultur", „„Fraport", „„niveauvoll", „„vom Feinsten", „„Seele baumeln lassen", „„andenken", „Trends in der „Postfungesellschaft" wie das „„Turbo-Abitur", „„entfeindungskulturelle" Bemühungen und das Luderphänomen oder die Irrungen und Wirrungen unserer Prominenten –– Schmitt und Henscheid sind professionelle Analytiker des allgegenwärtigen gesellschaftlichen Unwesens, das sie auf unnachahmliche Weise nicht minder zur eigenen Freude wie zu der ihrer Leser auseinanderzunehmen verstehen. 

Daneben betreiben sie aber auch etwas Volksaufklärung. Wenn Henscheid in einer der besten Glossen des Buches die „„Lichtgestalt" Franz Beckenbauer ins rechte Licht taucht, dann ist das eine gelungene Entmythologisierung des „„Fußballkaisers". Doch das Volk bevorzugt wahrscheinlich auch weiterhin die mythenbildende Lektüre. Und das ist auch gut so. Denn wenn alle so aufgeklärt wären wie die beiden Autoren, wo käme dann der Stoff her für weitere erheiternde Texte dieser Art?  

Eckhard Henscheid/Oliver Maria Schmitt. Erotik pur mit Flirt-Faktor. Fischer Taschenbuch Nr. 15322. 154 Seiten. 7,90 Euro

(Erschienen im „Darmstädter Echo“ am 7. 2. 2002)