Es liegt schon einige Zeit zurück, dass Eckhard Henscheid als Geheimtip unter einer vorwiegend studentischen Leserschaft gehandelt wurde. Heute ist der Satiriker, Humorist, Romanschriftsteller und Verfasser von Kurzgeschichten, dem wir so unvergleichliche Werke verdanken wie „Die Vollidioten", „Geht in Ordnung sowieso – genau – – –", „Frau Killermann greift ein", „Beim Fressen, beim Fernsehen fällt der Vater dem Kartoffel aus dem Maul", einem sehr viel breiteren Lesepublikum zum Inbegriff des virtuosen Sprachkünstlers geworden, von dem nicht wenige ihn sogar für einen der bedeutendsten Gegenwartsautoren halten. Andere hingegen sehen in ihm lediglich einen Nonsensschriftsteller oder „Oberspaßmacher der Nation".
Wie dem auch sei: Der jüngst erschienene Band 107 der renommierten Literaturzeitschrift „Text + Kritik" stellt den umstrittenen Autor jedenfalls in eine Reihe mit den bedeutendsten Schriftstellern, Philosophen und Essayisten der letzten zwei Jahrhunderte und eröffnet eine längst fällige seriöse Henscheid-Philologie, mit der die bisher recht subjektiv geführte Kontroverse um diesen Schriftsteller, der vielseitig wie kaum einer und deshalb auch schwerlich in eine Schublade zu pressen ist, ein tragfähiges wissenschaftliches Fundament erhält.
In zahlreichen germanistischen Analysen und sympathetischen Essays geistesverwandter Autoren wird den zentralen Themen und Motiven Henscheidscher Prosa nachgegangen, werden seine vielfältigen literarischen Techniken wie die ebenso vielfältigen Anspielungen in seinen Romanen auf Phänomene nicht nur der Hoch- und Höchstkultur, sondern auch auf die Welt des Fußballs beleuchtet, und es wird, was bei einem zur Kultfigur avancierten Schriftsteller wie Henscheid besonders geboten scheint, mit dem gerade bei seinen treuesten Anhängern weitverbreiteten Vorurteil aufgeräumt, dass die Person Eckhard Henscheid mit der Figur des Erzählers seiner Romane identisch sei. Überraschen mag ein polemisch eingefärbter Beitrag, in dem allen Ernstes gefragt wird, ob Henscheid, der seinen Lesern wahre Lachorgien beschert, tatsächlich Humor habe.
Dankenswerterweise enthält der Band auch die bis jetzt umfangreichste Auswahlbibliographie zu Eckhard Henscheid mit einem chronologisch angeordneten Verzeichnis der Sekundärliteratur, die bislang fast ausschließlich aus Rezensionen besteht.
„Text + Kritik", Zeitschrift für Literatur. Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. Band 107: Eckhard Henscheid. 96 Seiten, 18 Mark.
(Erschienen im „Darmstädter Echo“ am 2. 10. 1990)